Speditions- und Transportrecht

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Bewertung von Logistikimmobilien gemäß § 13b Abs. 4 ErbStG – abschließende Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen (BMF)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat klargestellt, dass die steuerrechtliche Bewertung einer übertragenen Logistikimmobilie anhand der vertraglichen und tatsächlichen Einzelfallumstände erfolge. Grundsätzlich stimmen BMF und Landesfinanzministerien sowie DSLV überein, dass Immobilien, die ausschließlich zur Lagerhaltung genutzt werden, in der Regel steuerbegünstigtes Betriebsvermögen darstellen.

Anlässlich des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Mai 2023 (AZ: II R 21/21) hat sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) DSLV abschließend zur steuerrechtlichen Bewertung von durch Erbschaft oder Schenkung übertragenen Logistikimmobilien geäußert. Zwar hat das BMF es abgelehnt, eine bundeseinheitliche und rechtskonforme Anwendung des § 13b Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zu gewährleisten und sich mit den Landesfinanzministerien auf einen entsprechenden Ländererlass zu verständigen. Immerhin hat das BMF aber zugestanden, dass eine pauschale, für den Steuerpflichtigen steuerrechtlich und wirtschaftlich nachteilige Bewertung von Logistikimmobilien als Verwaltungsvermögen unzulässig ist. Stattdessen sei eine einzelfallabhängige Entscheidung „anhand der vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse“ zu treffen, so das BMF.

 

Hintergrund:

Im Rahmen von dem ErbStG unterliegenden Unternehmensübertragungen (Erbschaft, Schenkung) geraten Unternehmen der Logistikbranche zunehmend in rechtliche und wirtschaftliche Probleme, die sinn- und planvolle Regelungen der Unternehmensnachfolge erschweren. Grund hierfür ist eine nach Auffassung des DSLV rechtsfehlerhafte erbschaftsteuerrechtliche Bewertung der übertragenen Logistikimmobilien. Zur Lagerhaltung genutzte Logistikimmobilien werden durch einzelne Finanzbehörden nicht dem steuerlich begünstigten Betriebsvermögen, sondern dem sogenannten Verwaltungsvermögen zugeschlagen. Dies entspricht nach Ansicht des DSLV weder Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen noch dem Willen des Gesetzgebers, der produktiven Wertschöpfung dienende Immobilien steuerlich zu begünstigen.

Der DSLV hatte das BMF sowie einzelne Landesfinanzministerien mehrfach darauf hingewiesen, dass gemäß § 13b Absatz 4 ErbStG lediglich solche Immobilien als Verwaltungsvermögen zu bewerten sind, die Dritten zur Nutzung überlassen werden. Dies ist jedoch bei Lagerhäusern gerade nicht der Fall. Hier hat der Kunde in der Regel kein Nutzungsrecht an der Immobilie, er übergibt vielmehr das Lagergut an den Logistiker, damit dieser es verwahrt. Eine steuerrechtlich schädliche Nutzungsüberlassung an Dritte findet hingegen regelmäßig nicht statt.

Das Hessische Finanzministerium hatte diese Auffassung des DSLV in einer unverbindlichen Stellungnahme bestätigt.

Steuerrechtlich in der Regel nachteilig ist die Bewertung von Logistikimmobilien, über deren Nutzung nicht ausschließlich ein Lagervertrag, sondern mehrere unterschiedliche Verträge abgeschlossen wurden, die Dritten ein Nutzungsrecht an der Immobilie zugestehen (z.B. Miet- oder Pachtvertrag). Nach Auffassung des BFH stellen derartige Logistikimmobilien in der Regel kein begünstigtes Betriebsvermögen dar:

Urteil des BFH vom 10. Mai 2023 (AZ: II R 21/21, Anlage)

In seinem Urteil vom 10. Mai 2023 hat der BFH entschieden (AZ: II R 21/21), dass eine Logistikimmobilie dem steuerlich nicht begünstigten Verwaltungsvermögen zuzurechnen ist, wenn sie von einer Gesellschaft an einen Dritten zur Nutzung überlassen wurde. Dies gilt auch dann, wenn über diese Logistikimmobilie ein weiterer Vertrag geschlossen wurde, und dieser Vertrag die Erbringung von logistischen Dienstleistungen zum Gegenstand hat. Demnach kann eine aufgrund eines Mietvertrags einem Dritten zur Nutzung überlassene und damit als Verwaltungsvermögen zu qualifizierende Logistikimmobilie nicht durch den Abschluss eines Lager- oder sonstigen Vertrages in begünstigtes Betriebsvermögen „umgewidmet“ werden.

Hinweis: Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist nach Ansicht des BFH allerdings gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 a) ErbStG ausnahmsweise dann nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist“.  Halten also zum Beispiel Gesellschafter Mehrheitsbeteiligungen sowohl an die Immobilie übertragendem als auch am übernehmenden Unternehmen, so begründet dies einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen beider Unternehmen. Rechtsfolge: Ein zwischen diesen beiden Unternehmen geschlossener Mietvertrag über diese Immobilie stellt keine schädliche Nutzungsüberlassung dar.

 

Rechtliche Einschätzung des DSLV:

Nach Auffassung des DSLV hat das BFH-Urteil keinerlei Auswirkungen auf die Frage, ob Logistikimmobilien, in denen Unternehmen logistische Dienstleistungen erbringen, ohne dass sie mit ihren Kunden zusätzlich einen Mietvertrag abgeschlossen haben, dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen sind.

Der BFH hat ausdrücklich nicht entschieden, dass die Erbringung von Lagerhalter- oder vergleichbaren logistischen Dienstleistungen eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung darstellt. Zentrale Aussage des BFH ist die Feststellung, dass eine grundsätzlich steuerschädliche Nutzungsüberlassung in Gestalt eines Mietvertrages nicht durch den Abschluss eines weiteren Vertrags über logistische Dienstleistungen geheilt werden kann. Demnach bleibt eine zur Nutzung überlassene Logistikimmobilie auch dann Verwaltungsvermögen, wenn der Vermieter in der Immobilie logistische Dienstleistungen erbringt.

Zugleich hebt der BFH hervor, dass nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich solches Vermögen von der steuerlichen Begünstigung ausgenommen werden soll, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt (vgl. BTDrucks 16/7918, S. 35). Umgekehrt, so der BFH weiter, solle solches Vermögen begünstigt werden, das unmittelbar einem Betrieb und zugleich dem Erhalt von Arbeitsplätzen dient (BTDrucks 16/11107, S. 11).

Nach Ansicht des DSLV dienen Logistikimmobilien, die auf der Grundlage von Lagerverträgen gewerblich genutzt werden, diesen eigenbetrieblichen Zwecken. Sie sind daher in der Regel als begünstigtes Betriebs- und nicht als Verwaltungsvermögen einzuordnen. Insbesondere werden solche zur Erbringung von lagerlogistischen Dienstleitungen genutzte Immobilien nicht gemäß
§ 13b Absatz 4 ErbStG Dritten zur Nutzung überlassen. Gemäß § 13b Absatz 4 ErbStG gehören Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke und Bauten zum Verwaltungsvermögen. Immobilien, in denen Unternehmen ihre wertschöpfenden Leistungen erbringen, stellen hingegen steuerlich begünstigtes Betriebsvermögen dar.

Bei Lagerhäusern bzw. zur Lagerung genutzten Kühl- und Tiefkühlhäusern ist das Tatbestandsmerkmal „Dritten zur Nutzung überlassen“ im Sinne des § 13b Absatz 4 ErbStG grundsätzlich nicht erfüllt. Denn Lagerverträge sind regelmäßig nicht als Miet- oder Pachtverträge zu qualifizieren, sondern stellen eine Sonderform des Verwahrungsvertrags im Sinne der §§ 688 ff. BGB dar.

 

Empfehlung:

Unternehmen der Speditions- und Logistikbranche sollten vor dem Hintergrund des BFH-Urteils vertragliche Vereinbarungen überprüfen, die sie mit ihren Kunden über Logistikimmobilien geschlossen haben. Sollten diese vertraglichen Vereinbarungen wörtlich oder inhaltlich Nutzungsrechte der Kunden an der Immobilie oder mietvertragliche Elemente aufweisen, könnten die jeweiligen Immobilien nach Ansicht der Finanzbehörden dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen sein.

Frühzeitige Rechtssicherheit zur Bewertung einer zu einem späteren Zeitpunkt zu übertragenden Logistikimmobilie kann ggf. der Antrag auf Erteilung einer unverbindlichen Auskunft gemäß § 89 Absatz 2 Abgabenordnung (AO) herstellen. Demnach können die Finanzämter auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen (hier: die Bewertung einer zukünftig zu übertragenden Logistikimmobilie), wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde, also in der Regel das für die Bewertung der Immobilie zuständige Finanzamt.

Der DSLV empfiehlt, einen solchen Antrag sorgfältig vorzubereiten. Insbesondere sollten die vertraglichen Vereinbarungen über die betreffende Immobilie unter Berücksichtigung der Auffassung des BMF sowie der aktuellen BFH-Rechtsprechung genau untersucht werden. Folgende Argumente könnten im Antragsverfahren hilfreich sein:

  • Ein reiner Lagervertrag stellt keine Nutzungsüberlassung an Dritte dar.
  • § 13b ErbStG bringt den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck, solches Vermögen
    steuerlich zu begünstigen, das unmittelbar einem Betrieb und zugleich dem Erhalt von Arbeitsplätzen dient.
  • Hat der Erblasser/Schenker in überlassendem und übernehmendem Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen (zum Beispiel durch Mehrheitsbeteiligungen in beiden Unternehmen), stellt ein Mietvertrag zwischen beiden Unternehmen keine schädliche Nutzungsüberlassung dar.

Kontakt

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DSLV

Björn Karaus

Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)
Leiter Justiziariat I Speditions- und Transportrecht, Versicherung
DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V.
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